Der Meganerv und unsere Atmung

Der Meganerv und unsere Atmung

Über Homöostase und Stressregulierung mithilfe der richtigen Atemtechnik.

Homöostase? Was aufs erste Hinhören an eine Ortschaft in Finnland denken lässt, ist laut Wikipedia das Bestreben eines Systems, durch einen internen regelnden Prozess für eine stabile ausgeglichene Umgebung zu sorgen.

In unserem Körper ist das beste Beispiel für das Streben nach Homöostase unser Autonomes (oder auch Vegetatives) Nervensystem (ANS). Es ist zuständig für Atmung, Blutdruck, Herzfrequenz, Körpertemperatur, Gewicht, Verdauung, Stoffwechsel, Flüssigkeitshaushalt wie Schwitzen, Blasenentleerung und Stuhlgang. Aber auch sexuelle Reaktionen und jede Menge andere autonome Prozesse fallen in den Aufgabenbereich des ANS.
Jeder einzelne dieser Vorgänge ist von Natur aus auf Homöostase, also ein ausgeglichenes Verhältnis von Aktivität und Erholung, ausgerichtet. Das Gleichgewicht in unserem autonomen Nervensystem ist durch das Wechselspiel seiner zwei Äste gewährleistet. Dies ist der Sympathikus – zuständig für die Aktivität – und der Parasympathikus – zuständig für Regeneration.

Der Vagusnerv

Unser gesamtes Nervensystem besteht aus unzähligen Fasern, die entweder Informationen über Erregung oder Ruhe transportieren und sich dabei gegenseitig beeinflussen und regulieren. Der Vagusnerv, auch bekannt als der „wandernde Nerv“, kann treffend als die Hauptfaser dieses beeindruckenden Systems bezeichnet werden, da er Herz, Lunge Magen und Darm direkt mit dem Gehirn verbindet. Er ist der umfangreichste Hirnnerv und besteht zu etwa 80 bis 90 Prozent aus afferenten Fasern. Das sind die Art von Fasern, die Informationen aus dem Körper zum Gehirn transportieren. Dort werden diese Informationen aufgenommen und zu Reaktionen verarbeitet.

Ein Zusammenspiel gegen den Stress

Wenn der Sympathikus aus irgendeinem Grund dem Gehirn Signale sendet, werden verschiedene Reaktionen wie „Anspannung“, „erhöhte Aufmerksamkeit“, „Handlungsbereitschaft“ und „Stress“ ausgelöst. Diese Stresssymptome sind auch bekannt als „fight or flight“ (Kampf oder Flucht)-Symptome. Sie bleiben so lange aktiv, bis die Gefahr vorbei ist, das heißt, bis der Sympathikus keine Signale mehr sendet. In einem gesunden System übernimmt nun der Parasympathikus, der hauptsächlich über den Vagusnerv angetrieben wird. Er gleicht die Reaktionen aus und sorgt dafür, dass wir uns wieder beruhigen, erholen und entspannen können.

Stress dominiert den Alltag

In der heutigen Zeit leben aber viele von uns – beruflich wie privat – in permanenter Alarmbereitschaft und Aktivität. Wir erleben chronischen Stress oft als unsere „Alltagsnormalität“. Unser sympathisches Nervensystem dominiert also und läuft auf Hochtouren. Atemprobleme, Angstgefühle, Schlaf-, Verdauungsstörungen verfestigen sich und verursachen eine Vielzahl von körperlichen und psychischen Problemen. Von Homöostase, dem angenehmen ausgeglichenen Zustand, sind wir oft weit entfernt.

Die Atmung reguliert

Mit unserer Atmung haben wir ein mächtiges Werkzeug. Mit ihr können wir den Vagusnerv bewusst aktivieren und die ausgleichenden Fähigkeiten des Körpers in Schwung bringen. Da der Vagusnerv ja der Hauptantrieb des parasympathischen Nervensystems ist, führt ein trainierter „Vagotonus“ (so wird der Vagusnerv auch genannt) zu größerer Widerstandsfähigkeit gegen Stress und einer besseren Regeneration.

Wenn unser Vagusnerv aktiv ist, verlangsamt sich unsere Herzfrequenz, und diese Verlangsamung wirkt bis in unser Gehirn. Durch die Freisetzung chemischer Signale, sogenannter Neurotransmitter, werden Informationen über Botenstoffe in alle Regionen unseres Körpers gesendet. Auf diese Weise erhält unser Körper Nachrichten, die ihm signalisieren: „Keine Gefahr“, „Ich bin entspannt“, „Ich erhole mich“, „Alles ist gut.“

Mit Atemübungen den Vagusnerv aktivieren

Die Atmung ist unser direkter Zugang zu diesem faszinierenden System. Mit unserem Atem und den richtigen Übungen verfügen wir über einfache und direkte Möglichkeiten, den Vagusnerv zu aktivieren und somit unseren täglichen Stressoren entgegenzuwirken. Tatsächlich ist unser Atem so etwas wie der „Highway zur Homöostase“, der inneren Balance unseres Körpers. Klingt einfach, nicht wahr? Und das Beste ist, das ist es tatsächlich auch! Alles, was wir tun müssen, ist den ersten Schritt zu wagen und uns auf den Weg zu machen…


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