Weniger kann mehr

Weniger kann mehr

Die Atemfrequenz, also die Anzahl der Atemzüge pro Minute, ist kein umfassender aber doch ein zentraler Parameter für die Beurteilung unserer Gesundheit.

Unsere Atemzüge liefern nicht nur Aufschlüsse über die Funktion des Atmungssystems, sondern haben darüberhinaus auch Aussagekraft über unseren allgemeinen körperlichen und psychischen Zustand. Während die Atemfrequenz in der Medizin als Frühindikator für Erkrankungen dient, kann eine bewusste Reduktion der Atemfrequenz zahlreiche positive Effekte auf das Wohlbefinden haben.

Medizinische Bedeutung der Atemfrequenz ​

In Ruhe liegt die normale Atemfrequenz bei Erwachsenen mittleren Alters zwischen 12 und 18 Atemzügen pro Minute. Abweichungen von diesem Bereich können auf gesundheitliche Probleme hinweisen. Eine erhöhte Atemfrequenz (Tachypnoe) tritt häufig bei Stress, Fieber oder Atemwegserkrankungen wie Asthma oder Lungenentzündungen auf. Sie kann auch ein Zeichen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Stoffwechselstörungen sein. ​Im Gegensatz dazu deutet eine verlangsamte Atemfrequenz (Bradypnoe) oft auf neurologische Störungen, Medikamentenüberdosierungen oder eine Hemmung des Atemzentrums hin. ​

Die Atemfrequenz ist eng mit den chemischen Prozessen der Atmung verbunden, z. B. der Sauerstoffversorgung und dem Säure-Basen-Haushalt. ​Eine normale Atmung gewährleistet, dass der Körper ausreichend Sauerstoff erhält und Kohlendioxid effizient abgibt. Veränderungen der Atemfrequenz können jedoch auf eine gestörte Balance hinweisen, die bei einigen schweren Erkrankungen wie Sepsis oder Herzinsuffizienz sogar lebensbedrohlich sein kann Aus diesem Grund werden Atemfrequenz und Atemchemie in der klinischen Diagnostik häufig überwacht, insbesondere in der Intensivmedizin. ​
Aber auch bei einfachen Atemübungen oder gezielten Atemtraining sollte der Atemchemie immer zentrale Beachtung geschenkt werden. Letzten Endes ist aus gesundheitlicher Sicht der biochemische Faktor der mittel- bis langfristig wichtigste.

Die positiven Effekte einer bewussten Reduktion

Abseits der medizinischen Diagnostik – und immer unter Beachtung der Atemchemie – bietet die bewusste Arbeit an der Atemfrequenz jedenfalls zahlreiche Vorteile für die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden. Eine richtig ausgeführte, langsame, tiefe Atmung verbessert die Sauerstoffaufnahme und unterstützt die Zellfunktion. Gleichzeitig hilft sie, den Körper in einen Zustand der Entspannung zu versetzen, indem sie das parasympathische Nervensystem aktiviert. Dies reduziert Stresshormone wie Cortisol und fördert innere Ruhe.

Auch die Herz-Kreislauf-Gesundheit profitiert von einer reduzierten Atemfrequenz. Studien1 zeigen, dass langsames Atmen den Blutdruck senken und die Herzfrequenz stabilisieren kann. ​Dies wirkt sich langfristig positiv auf die Herzgesundheit aus. Darüber hinaus können Atemübungen helfen, Ängste und depressive Symptome zu lindern, indem sie das Gefühl von Kontrolle über den eigenen Körper stärken und die Selbstregulation fördern. ​

Verbindung von Medizin und Alltag

Die Atemfrequenz ist ein dynamischer Parameter, der sich sowohl durch physiologische als auch durch bewusste Veränderungen beeinflussen lässt. ​Während sie in der Medizin als Frühwarnsystem für Erkrankungen dient, kann sie im Alltag gezielt genutzt werden, um Stress abzubauen und die Gesundheit zu fördern. ​Techniken wie Bauchatmung, Meditation oder Yoga sind einfache Methoden, um die Atemfrequenz zu senken und gleichzeitig die körperliche und psychische Balance zu stärken. ​
Wichtig ist, dass die Übungen ohne Druck und in einem angenehmen Tempo durchgeführt werden. Eine zu langsame Atmung kann zu einer unzureichenden Kohlendioxidabgabe führen, was sich direkt auf den sensiblen Säure-Basen-Haushalt unseres Körpers auswirkt. Daher sollten Atemtechniken stets unter kompetenter Anleitung und mit der notwendigen Sachkenntnis erlernt werden. ​


Der Atemfrequenz kann man also als wichtigen Indikator für die Gesundheit und als wirkungsvolles Werkzeug zur Förderung des Wohlbefindens besondere Bedeutung zukommen lassen. ​Die medizinische Bedeutung liegt in der Früherkennung von Erkrankungen, während ihre bewusste Regulierung im Alltag zahlreiche positive Effekte auf Körper und Geist hat. Wer regelmäßig und richtig an seiner Atmung arbeitet, investiert nicht nur in seine Gesundheit, sondern auch in mehr Ruhe und Lebensqualität.


1) Hypertension: „Slow Breathing Reduces Blood Pressure and Enhances Baroreflex Sensitivity in Hypertensive Patients“, Bernardi et al., 2002
Journal of Human Hypertension: „The Effect of Slow Breathing on Heart Rate Variability and Blood Pressure in Hypertensive Patients“, Joseph et al., 2005
Applied Psychophysiology and Biofeedback: „Controlled Breathing Lowers Blood Pressure“, Lehrer et al., 2010


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Ralph Skuban widmet sich seit vielen Jahren den Bereichen östlicher Weisheit und gesunder Atempraxis. Die Atemlehre des Yoga und die Buteyko-Methode haben Ralphs Atemarbeit nachhaltig geprägt. Ralph Skuban leitet mit seiner Frau, die von ihm gegründetete Skuban Akademie. Dort gibt der Atemexperte sein praxiserprobtes Wissen in Atemcoach-Ausbildungen und Atemtrainings an ein internationales Publikum weiter. Mit SPIRAH spricht er unter anderem…