Das Nobelpreismolekül

Das Nobelpreismolekül

Was haben Stickstoffmonoxid, Dynamit und die Atmung gemeinsam?

1992 wurde Stickstoffmonoxid (NO) vom Wissenschaftsmagazin „Science“ zum Molekül des Jahres ernannt. Folglich erhielten Robert F. Furchgott, Louis J. Ignarro und Ferid Murad sechs Jahre später für ihre Entdeckungen rund um dieses bereits berühmte Molekül den Nobelpreis für Medizin. Im Jahre 1998 wurden die Arbeiten der drei amerikanischen Wissenschaftler über „Stickstoffmonoxid als Signalmolekül im Herzkreislaufsystem“ mit dem begehrten Wissenschaftspreis ausgezeichnet. Begonnen hat die aufregende Geschichte des Stickstoffmonoxids allerdings schon viel früher, nämlich im Jahr 1863. Es ist das Jahr, in dem der schwedische Wissenschaftler Alfred Nobel durch Mischen von Nitroglyzerin und Siliziumdioxid Dynamit erfand.

Vom Dynamit zur gesundheitlichen Sensation

Einige Jahre nach dieser folgenschweren Erfindung entdeckten Ärzte, dass dieser, von Nobel erfundene Stoff, im menschlichen Körper zur Senkung von Bluthochdruck und zur Behandlung von Angina pectoris eingesetzt werden kann.


Anschließend wurde es etwas ruhiger um das Molekül – bis rund 100 Jahre nach dem Tod Alfred Nobels 3 Herren namens Robert Furchgott, Louis Ignarro und Ferid Murad unabhängig voneinander an den Effekten verschiedener Medikamente auf die Blutgefäße forschten. Die Resultate ihrer Arbeiten ließen darauf schließen, dass der gleiche Stoff, der zur Herstellung von Sprengstoff verwendet werden kann, im menschlichen Körper in das Gas Stickstoffmonoxid umgewandelt wird. Genau dieses besitzt wiederum erstaunlich positive Effekte auf das menschliche Herz-Kreislaufsystem. Diese und die damit verbundene Entdeckung von Funktion und Wirkung des Stickstoffmonoxids wurde schließlich 1998 mit dem, vom Dynamiterfinder Alfred Nobel gestifteten, Preis belohnt.

The Nobel Prize medal is a registered trademark of the Nobel Foundation

Ein Meilenstein in der Medizin

Diese Entdeckung hatte ebenfalls Sprengkraft, mittlerweile weiß man es genau und die Liste der positiven Auswirkungen ist lang. Stickstoffmonoxid arbeitet als Signalmolekül im Nervensystem und ist nicht nur am Kampf gegen Infektionen beteiligt, es spielt auch bei der Regulation des Blutdrucks eine wesentliche Rolle. Außerdem steuert es den Blutfluss zu verschiedenen Organen. Man setzt es bei Atherosklerose ein, es wird manchmal bei Intensivpatienten dem Atemgas beigemischt, es hilft bei Impotenz und könnte möglicherweise auch bei der Krebstherapie von Nutzen sein.


NO als Botenstoff spielt also eine wesentliche Rolle in unserem Immunsystem und dient im Körper zur aktiven Bekämpfung von Krankheitserregern. Stickstoffmonoxid ist essenziell für die Blutgefäßgesundheit, fördert die Bildung neuer Blutgefäße, weitet und entspannt diese und fördert somit die Durchblutung des Gewebes selbst. Die Zellen werden besser versorgt und auch Krankheiten wie Herzinfarkt oder Hirnschlag wird vorgebeugt. 1

Nasenatmung ist alles

Dass Stickstoffmonoxid in Bakterien vorkommt, war bereits länger bekannt – dass es auch beim Menschen und Säugetieren anzutreffen ist, kam unerwartet und die Entdeckung, dass NO für eine Reihe so wichtiger Funktionen im menschlichen Körper verantwortlich ist, bedeutete schlichtweg eine Sensation.
Denn der menschliche Körper ist in der Lage, NO auf verschiedene Art und Weise zu produzieren. Zum einem in den sogenannten Endothelzellen, der innersten Schicht der Blutgefäße, zum anderen in den Makrophagen. Das sind Abwehrzellen des Körpers, um Bakterien zu bekämpfen.


Allem voran wird Stickstoffmonoxid allerdings in den Nasennebenhöhlen produziert. Die Atemluft transportiert es dann in die Lunge. Das aber – richtig geraten – ausschließlich bei der Nasenatmung! Beim Atmen, Schnaufen und Keuchen durch den Mund muss unser Körper – allen voran die Lunge – auf die positiven Effekte von NO verzichten.
Stickstoffmonoxid senkt den Gefäßwiderstand in der Lunge und verbessert die Sauerstoffaufnahme. Untersuchungen deuten darauf hin, dass es sich bei der erhöhten NO-Produktion in den Nasennebenhöhlen um einen natürlichen Abwehrmechanismus des Körpers gegen Bakterien und Viren handelt – alles Effekte, die uns bei der Mundatmung verloren gehen.

Mit Atemtraining gesundheitliche Risiken einschränken

Laut Nobelpreisträger Louis Ignarro ist Stickstoffmonoxid der natürliche Abwehrstoff des Körpers, um den Cholesterinspiegel zu senken oder Blutablagerungen abzubauen. Ebenfalls kann es Blutgerinseln entgegenwirken und so das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle senken.2 Die ausreichende Produktion von NO, z.B. durch Nasenatmung oder Atemtraining, lässt unser Blut leichter und besser durch den Körper fließen, versorgt unsere Organe auf diese Weise mit ausreichend Sauerstoff und ist somit ein wesentlicher Faktor für ein gesundes Leben.

Bis heute ist Stickstoffmonoxid hauptsächlich als schädlicher Luftschadstoff bekannt, der von Automotoren und anderen Verbrennungsquellen in die Atmosphäre freigesetzt wird. Trotz all den Ehrungen und Preisen konnte es seinen schlechten Ruf bis zum heutigen Tage nicht korrigieren.

Achtung: Sämtliche gefässerweiternden, blutdrucksenkenden oder antianginösen Arzneimittel und Medikamente mit krampflösenden Eigenschaften sollten nur nach ärztlicher Rücksprache eingenommen werden.


1) Hernan R. Chang M.D.; „Nitric Oxide, the Mighty Molecule: Its Benefits for Your Health and Well-Being“; 1st ed. Mind Society, 2012

2) Interview mit Dr. Louis Ignarro (http://youtube.com/watch?v=FsA04n2k6xY)
Interview mit Dr. Louis J. Ignarro: Dr. Louis Ignarro on Nitric Oxide 2. http://www.youtube.com/watch?v=B4KHlP8Bttw
Dr. Louis J. Ignarro; „NO More Heart Disease: How Nitric Oxide Can Prevent — Even Reverse — Heart Disease and Strokes“;
1st ed. St. Martin’s Griffin (Reprint edition), 2006


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